TRD Bauen | Branchenmeldung
Mehr als 70 Unternehmen der industriellen Fertigbau- und Holzbau-Branche haben juristische Schritte gegen die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) eingeleitet. Hintergrund ist die Einführung des sogenannten 4. Gefahrtarifs, der nach Ansicht der betroffenen Betriebe zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Tarifeinstufung und damit zu erheblichen Beitragserhöhungen führt.
Die BG Bau stuft Fertigbauunternehmen seit Anfang 2024 in dieselbe Tarifstelle wie handwerklich tätige Zimmereien oder Dachdecker ein. Branchenvertreter kritisieren, dass diese Gleichstellung die Besonderheiten der industriellen Vorfertigung ignoriere. Während klassische Handwerksbetriebe auf Baustellen mit erhöhtem Unfallrisiko arbeiten, erfolgt die Produktion in Fertigbauunternehmen überwiegend in geschützten Hallen mit deutlich geringerer Gefährdung. Laut BG Bau selbst liegen die Unfallkosten pro 1.000 Beschäftigte bei Fertigbauern rund 26 % unter denen der Vergleichsgruppen.
Die neue Einstufung führt laut Angaben des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF) zu einer Verdopplung der Beiträge – mit Mehrkosten von etwa 1.000 € pro Mitarbeiter und Jahr. Erste Gerichtsentscheidungen, darunter ein Urteil des Sozialgerichts Würzburg, bestätigen die Kritik: Die gemeinsame Veranlagung von Holzfertigteilherstellern und Zimmerern sei nicht gerechtfertigt.
Die Interessengemeinschaft Arbeitssicherheit Holzfertigteilbau (IGAH) sowie mehrere Industrieverbände begleiten die Verfahren und fordern eine differenzierte Betrachtung der technologischen Besonderheiten. Weitere Klagen sind vor den Sozialgerichten Freiburg und Reutlingen anhängig, Entscheidungen werden im Herbst erwartet.
Die Branche sieht in der aktuellen Entwicklung nicht nur eine wirtschaftliche Belastung, sondern auch eine Gefährdung der politischen Ziele zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Die BG Bau betont hingegen die Notwendigkeit einer einheitlichen Gefahrtarifstruktur.
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